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Augen auf!

Ein Besuch im Rückkehrzentrum Enggistein oberhalb von Worb, dem Zentrum für abgewiesene Frauen, Kinder, Familien, entblösst die Not seiner Bewohner und Bewohnerinnen beim näheren Hinsehen.

Anlässlich des Tages der offenen Tür im Juni dieses Jahres präsentierte der zuständige Regierungsrat Müller eine neu gestrichene Fassade. Eine Familie wurde im Bund Artikel zitiert "uns gefällt es", die Kinder seien glücklicher auf dem Land. Das Zentrum liegt inmitten einer idyllisch anmutenden Landschaft mit Bergsicht.

Im Gespräch mit den Leuten, die auf lange Zeit im Zentrum leben, trübt sich diese Zuversicht. Vor dem Haus warten die zum Nichtstun verpflichteten Familienväter, sie wären gerne in ihren früheren Arbeitsstellen tätig, in der Gastronomie, im Reinigungsdienst, in der Malerei, als Computerspezialist. Allzugerne würden sie eine Stelle antreten in Berufen, in denen Berufsleute hier in grossem Ausmass fehlen. Eine Frau möchte in der Pflege arbeiten, eine andere träumt davon Jura zu studieren - Träume, die an diesen Menschen vorbeiziehen.

Die Kinder haben viel freie Zeit zum Spielen, draussen vor dem Haus. Unmittelbar vor dem Eingang, der mit "Willkommen im Rückkehrzentrum Enggistein" überschrieben ist, fahren Traktoren mit schwerem landwirtschaftlichem Gerät vorbei, der Spielplatz gegenüber ist eine unwirtliche Brache; der Freiraum vor dem Haus ein gefährlicher Manövrierplatz.

Das Haus wurde frisch gestrichen, die alten Risse an der Aussenwand übermalt, zumindest auf zwei Seiten. Die beiden Rückseiten bleiben rissig, unsichtbar für den ersten Augenschein.

Das Zentrum bliebt ein Ort der Not, des Wartens, der Hoffnungslosigkeit, auch wenn der erste Eindruck anderes zu vermitteln sucht.

Der Regierungsrat, die ParlamentarierInnen, wir als StimmbürgerInnen stehen in der Pflicht, dieser Perspektivelosigkeit für Menschen in Langzeit-Nothilfe etwas entgegen zu setzten.

Behalten wir unsere Augen auf, damit wir uns nicht viel später für ein grosses Unrecht gegenüber diesen Menschen, den heranwachsenden Kindern entschuldigen müssen. Menschen- und Kinderrechte sind nicht abschiebbar!

U. Fischer




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